Ich sitze neben Gott auf der Bank in der Fußgängerzone. Über uns spendet eine riesige alte Kastanie Schatten. Gott trägt eine XXL-Sonnenbrille, um nicht erkannt zu werden und ist sichtlich entspannt.
„Wie kannst Du nur so entspannt sein angesichts der Lage“, frage ich, „Das Klima, Kriege, die allgemeine Unzufriedenheit hier und in der Welt. Müsstest Du nicht Überstunden ohne Ende machen? Stattdessen sitzt Du hier in aller Seelenruhe, streckst die Beine aus -vorsicht, ein Kind- und guckst langsam von links nach rechts“.
Gott reicht mir ein paar Münzen und bittet mich, Eis zu holen, zwei Kugeln für sich (Kinder Bueno und Himbeere) und zwei für mich (Zitrone und Zitrone).
„Ein Eis? Glaubst Du, Eis hilft?“ fragte ich erbost, als ich wiederkomme, „so wie diese Sprüche auf Instagram? Ein Leben ohne Eis ist machbar, aber sinnlos. Denk nur, wer sich alles kein Eis leisten kann.“
„Das weiß ich“, erwidert Gott, „aber das Eis lässt Dich einen Moment verstummen und kühlt Dich ein wenig ab“. Er rutscht noch ein bisschen tiefer in die Bank und richtet die Sonnenbrille.
„Aber…“ Doch ich muss aufpassen, dass das Eis nicht weggekleckert, es fängt schon an zu tropfen.
Sonja Dreyer
Mitarbeiterin im Kirchenamt Göttingen-Münden und Fundraiserin des Kirchenkreises Göttingen-Münden
Mitarbeiterin im Kirchenamt Göttingen-Münden und Fundraiserin des Kirchenkreises Göttingen-Münden